Archiv für den Monat: Oktober 2018

Komplex oder einfach? Bequem oder besser Unbequem?

Kürzlich flog ich über ein verlängertes Wochenende nach Leipzig und hatte am Flughafen etwas Zeit zu lesen. Ich habe mich mit einem Kaffee hingesetzt und das NZZ Folio mit dem prägnanten Titel „Warum so kompliziert“ gelesen. Der Leitartikel „ dem Chaos trotzen“ ging der Frage der heutigen komplexen Systeme nach. Zuerst muss man differenzieren zwischen komplex und kompliziert. Eine Mechanik einer Uhr ist z.Bsp. kompliziert, wenn man sich mit der Konstruktion befasst wird man früher oder später in der Lage sein diese zu begreifen. Komplex hingegen sind lebendige Systeme die untereinander agieren, z.Bsp. Freunde, die Familien, etc. In diesen Systemen können Tragödien oder auch Komödien entstehen ohne, dass diese an einen Fahrplan gebunden sind, es passiert einfach. Auch Unternehmen, Gesellschaften und Staaten entfalten eine Form der Komplexität die sich unserer Vorstellung entzieht. Dies äussert sich in überraschenden Entwicklungen, überraschenden Konflikten und ratlosen Akteuren. Die Unregierbarkeit des Staates ist schon seit längerer Zeit Thema bei Politwissenschaftlern. Die letzten Entwicklungen wie der Brexit, die Uneinigkeit der EU oder die Aussenpolitik der USA u.a. geben ihnen wohl Recht.

Auch Unternehmen sind von dieser Entwicklung betroffen. Diese schliessen sich unter dem Vorwand der Wettbewerbsfähigkeit immer zu grösseren Einheiten zusammen mit dem Effekt, dass die Komplexität immer bedrohlicher wächst. Die Folgen sind undurchsichtige Verantwortlichkeiten, strukturelle Trägheit und fehlende Innovationskraft. Die wachsende Komplexität unseres Umfelds wird auch als mögliche Ursache der vielen Neuronalen Krankheiten verantwortlich gemacht. Depressionen, ADHS oder Burnout- Syndrom sind allgegenwärtig. Was also tun wenn einem die übermächtig erscheinende Wirklichkeit auf den Leib rückt? Man muss versuchen sich diese Welt durch Komplexitätsreduktion wieder vom Leibe zu schaffen. Die Anhänger extremer politischer Anschauungen, Verschwörungstheoretiker, fundamentalistische Gläubige, die militanten Veganer, die Nationalisten, ja all diese haben eines gemeinsam: Sie hängen alle einem vereinfachten Welterklärungsmodell an, dass sie vehement verteidigen. Jeder Widerspruch bestärkt sie in der Überzeugung, die eigene Lehre sei die richtige.

Nüchtern betrachtet muss man allerdings eingestehen, dass vieles heute wirklich einfacher ist. Die sogenannte „Convenience“ hat überall Einzug gehalten. Die Waschmaschine wäscht, der Geschirrspüler spült, das Mobiltelefon telefoniert und macht nebenbei noch andere nützliche Dinge. Alles ganz einfach und für jeden zu verstehen. So können wir uns tagein, tagaus mit allerlei „einfachen“ Tätigkeiten Stundenlang beschäftigen, die unzähligen Menschen (zu denen auch ich gehöre) streicheln ihr Mobiltelefon nur zu gerne Tag für Tag etliche Male.

Unsere Bequemlichkeit siegt über uns tagtäglich. Anstatt beim nächsten Ausflug eine Strassenkarte zu lesen um die Route selber zu planen zücken wir unser Mobiltelefon und tippen kurz das Ziel ein um uns dort hin führen zu lassen. Digital dement machen wir uns dann auf den Weg und wissen nicht mal wo wir uns genau befinden wenn man uns fragen würde. Bringt uns dies persönlich weiter wenn wir nur noch konsumieren? Oder ist es nicht eher so, dass wir wieder das Unbequeme bewusst annehmen sollten? Die meisten von uns tun dies bereits ohne darüber gross nachzudenken, wir nennen es Hobby. Beim Holzschnitzen, Reparieren, Laufen, Joga etc. mit solchen Aktivitäten durchbrechen wir die Macht der Convenience und versuchen ihr so zu wiederstehen. Oder wie ein sehr bekannter US Präsident mal sagte „do the other things, not because they are easy, but because they are hard”.

Dieser Poste ist eine sehr kurze Zusammenfassung der Artikel „dem Chaos trotzen“ und „Tyrannei der Bequemlichkeit“ aus dem NZZ Folio vom September 2018 und können teilweise online gelesen werden. Mein Lese Tipp!

Kurzurlaub in Italien

Der Tod meines guten Freundes hat mir ganz schön zugesetzt, darum musste ich mal weg vom dem ganzen hier daheim. Deshalb kurzentschlossen ins Piemont gefahren um die Seele etwas baumeln zu lassen und um einen schönen Teller Trüffelpasta zu essen. Die Gegend kenne ich schon ganz gut da ich im Piemont einige Male Urlaub gemacht habe. Dieses Mal allerdings ohne Hotel Reservation nach Alba losgefahren, man wird schon etwas zum Übernachten finden. Dies stellte sich dann aber etwas komplizierter heraus als gedacht denn am Wochenende war die Internationale Trüffelmesse, mehr dazu weiter unten im Poste. Nach den Bemühungen des Tourismusbüro in Alba und einigen selber geführten Telefonaten, mit dem Agristourismo Casa Scaparone eine schöne Unterkunft gefunden die nur 10 Minuten vom Zentrum in Alba entfernt liegt.
Das Casa Scaparone ist eines der wenigen Agritourismi in der Region, dass ein eigenes Restaurant hat. Am Abend sind darum auch viele Einheimische zu Gast die hier ein leckeres Abendessen zu sich nehmen. So hat man zusätzlich zu der sehr geschmackvoll gestalteten Anlage noch gratis das richtige Ambiente, italianita vera! Am Morgen wurde dann ein sehr schön angerichtetes Morgenessen serviert, zum Teil mit eigen angebauten Bio Produkten.

An den darauffolgenden Tagen wollten wir eigentlich wandern gehen, es war aber leider noch zu Nass da es am Donnerstag ziemlich stark geregnet hatte. Auf dem Wandertrack von Barolo nach La Morra sind wir dann an einem Rebhang steckengeblieben, die Schuhe hatten gefühlt 1 Kilo Lehm unter den Sohlen.

Darum kurzerhand das Programm geändert, zurück nach Barolo gefahren um dort standesgemäss einen Teller Pasta mit Trüffel und ein Glas Barolo zu geniessen, es war ja schliesslich schon Mittag durch!

Auch war ich dieses Jahr in zwei Städten in denen ich vorher noch nie war. Saluzzo wurde im Reiseführer als die schönste Stadt im Piemont angepriesen, Savigliano soll den schönsten Platz im Bezirk haben.

Saluzzo

Savigliano

In Saviglinao dann meinen obligatorischen Aperol Spritz getrunken und die kleinen offerierten Häppchen dankend angenommen. Dies zu einem Preis der in Alba nicht denkbar wäre.

Zurück also zu Alba in dem letzten Samstag zusätzlich zum bekannten Warenmarkt die Internationale Trüffelmesse stadtgefunden hat. Man muss wissen, dass gerade an Samstagen Alba förmlich von Touristen geflutet wird. Mietwagen, Wohnmobile und Reisecars verstopfen die Parkplätze, überall hört man Deutsch und Schweizerdeutsch, die Touristen drängeln sich durch die Gassen und durch den Warenmarkt.

An diesem Wochenende waren natürlich noch ein paar Leute zusätzlich wegen der Internationalen Trüffelmesse da. Was ich nicht wusste und erst zuhause nachgelesen habe ist, dass die Messe wirklich international ist. Es ist die älteste Messe der weißen Trüffel die am 13. November in der Weltauktion der weißen Alba-Trüffel gipfelte. Dank einer Live Satellitenverbindung sollen Städte aus der ganzen Welt an dieser teilnehmen. An der letzten Veranstaltung beteiligten sich Städte wie Paris, Hongkong, Moskau, Las Vegas, London, München, Tokio, New York, Los Angeles und Hollywood.

Kein Wunder, denn der weisse Trüffel aus Alba wird als die teuerste Delikatesse der Welt gehandelt. Ein Kilo hochwertiger Ware kostet bis zu 10 000 Euro, besonders grosse Exemplare nehmen es sogar mit purem Gold auf. Im Jahr 2009 wurde ein Exemplar von 750 Gramm für 100.000 Euro ersteigert.

Allerdings muss man wissen, dass es weissen Trüffel auch aus Slowenien, Kroatien, und Rumänien gibt. Lebensmittel Chemiker tun sich schwer einen Unterschied zwischen einem weissen Trüffel aus Alba und einem anderen herauszufinden. Der einzige deutliche Unterschied ist, dass die Trüffel aus den anderen Ländern zu einem Zehntel des Preises angeboten werden. Es gäbe anscheinend zwei Typen von Trüffelliebhabern: solchen, die glauben, Trüffeln seien gut, weil sie so teuer sind und solchen, die wissen, dass sie so teuer sind, weil sie so gut sind. Ich gehöre wohl eher zur zweiten Kategorie, ich liebe Tagliatelle al Tartufo.

Wie immer, schön wars!