Vor einigen Wochen habe ich einen Artikel im Tagesanzeiger Magazin gelesen der mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Es ging bei diesem um die Big Data, die Daten Sammelwut der Konzerne im Internet.
Ich denke jeder der nicht gerade in den letzten Jahren auf dem Mond gelebt hat, hat davon in irgendeiner Form bereits gehört oder gelesen. Bis jetzt brachte man Big-Data jeweils in Verbindung mit Marketing Methoden um potentielle Kunden besser zu bewerben. Jeder der eine Migros Cumulus Karte hat kennt das. Man kauft Geschirrspülmittel und kriegt dann entsprechende Werbung von der Migros zugesendet. Oder man sucht im Google nach Urlaubdestinationen und wie von Geisterhand bekommt man plötzlich während dem surfen im Internet entsprechende Werbungen eingeblendet. Die Dimension von Big Data die ich in diesem Artikel gelesen habe, sprengt allerdings diese Wahrnehmung bei weitem und ist von selber kaum erkennbar.
Um das genauer erklären zu können muss ich ein wenig ausholen. In den 80er Jahren wurde von Psychologen eine Methode entwickelt um Menschen und deren Charakterzüge genauer erkennen zu können. Die Ocean-Metode klassifiziert die Menschen in fünf Persönlichkeitsdimensionen, die sogenannten Big Five.
Offenheit – Wie aufgeschlossen ist man gegenüber Neuem?
Gewissenhaftigkeit – Wie perfektionistisch ist man?
Extraversion – Ist man gesellig?
Verträglichkeit – Wie rücksichtsvoll und kooperativ?
Neurotizismus – Wie leicht ist man verletzlich?
Anhand dieser Dimensionen kann man relativ genau sagen mit was für einem Menschen man es zu tun hat, welche Bedürfnisse und Ängste er hat und aber auch wie er sich in etwa verhalten wird. Um diese Daten zu erheben muss man aber einen sehr komplizierten, langen Fragebogen ausfüllen was die Beschaffung dieser Daten schwierig macht.
Dann kam im Jahr 2008 ein Warschauer Student an die Universität nach Cambridge. Am Zentrum für Psychometrie (Vermessung der Menschlichen Persönlichkeit) entwickelte er zusammen mit einem Studienkollegen eine App die er via Facebook verbreitete. In „MyPersonality“, so hiess die App, konnte man eine Handvoll psychologischer Fragen aus dem Ocean-Fragebogen beantworten. Aus den Antworten kalkulierte er und sein Team die Oceanwerte, die sie wiederum mit den Facebook Profils Posts, Shares und Likes der teilnehmenden Person verglichen. Man muss wissen, dass man mit einem Facebook Login auch gleichzeitig gewisse Daten dem Anbieter übermittelt. Auch kann man in den USA sämtliche Daten kaufen. Bei Datenhändler wie Acxiom und Experian sind quasi alle persönlichen Daten käuflich zu erwerben. Ob da auch ein paar Europäische Datensätze mit dabei sind einzieht sich meiner Kenntnis, ich stufe die Wahrscheinlichkeit als hoch ein.
Das Team verfeinerten die Berechnungsmodelle und im Jahre 2012 waren Sie in der Lage den Menschen anhand seinen Facebook Likes schon ziemlich genau einzuschätzen: Hautfarbe / sexuelle Orientierung mit 68 Likes. Mit 70 Likes hat man die Menschenkenntnis eines Freundes, 150 Likes die der Eltern und mit 300 Likes kann die Maschine das Verhalten einer Person eindeutiger vorhersagen als deren Partner. Natürlich gib es bei der Treffsicherheit eine Toleranz, aber diese liegt bei allen Modellen bei weit über 85% und je mehr Likes man macht, je genauer wird die Treffsicherheit.
Und nun kommt nach meiner Meinung das gefährliche an dieser Psychometrischen Datensammlung. Man kann nicht nur die Menschen klassifizieren sondern auch nach Ihnen suchen, so eine Art Menschensuchmaschine. Man sucht Menschen von denen man weiss wie Sie ticken und schiebt ihnen die richtige Message unter. Es gibt eine Firma die auf dieses Marketing spezialisiert ist: Cambridge Analytica, ein Namen den man sich merken sollte. Cambridge Analytica ist eine der Ominösen Big-Data-Buden die für Donald Trump und Brexit den Onlinewahlkampf organisierte, beides wohl mit durchschlagendem Erfolg.
Sie waren in der Lage aufgrund der Psychometrischen Daten den Personen die richtige, auf Sie zugeschnittene Information zu übermitteln. In den USA verkauften sie so im Wahlkampf von Donald Trump das neue Waffengesetzt als Sicherheit für ängstliche Wähler, für den Wähler mit hoher Extrovertiertheit mit der Freiheit jagen zu gehen. Auch konnten Sie durch das Micro Targeting erkennen wer Hilary Clinton wählen geht und diese Personen anhand ihre Psychologischen Persönlichkeitsdaten mit Informationen versorgen, die diese von der Wahl abhalten.
In Europa dürfte man also gespannt sein was in den Wahlen in Frankreich und Deutschland passiert. So wie es in dem Tagesanzeiger Artikel steht, ist die Firma Cambridge Analytica momentan auf Werbetour in diversen Ländern. Es gibt Anfragen aus der Schweiz, Deutschland und Frankreich. Was das Ganze wohl für die Zukunft bedeuten könnte ist nach meiner Meinung momentan nicht absehbar. Nehmen wir mal an wir lesen Online eine Zeitung und uns wird der Inhalt der Artikel angepasst auf unsere Persönlichkeit eingeblendet.
Ich habe kein Facebook, das ist wohl gut so. Dies ist eine kurze Zusammenfassung des Artikels im Tagesanzeiger Magazins. Die ausführliche, sehr interessante Version findet man hier: „Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt“, viel Spass beim Lesen.