Ich habe vor einiger Zeit im Radio die Sendung SRF Focus Blind Date gehört. Zum Blind Date werden jeweils 2 Promintente eingeladen um miteinander 1 Stunde lang über ein Thema ihrer Wahl zu sprechen. Das pikante daran ist, dass beide bis zur letzten Minute nicht wissen wer das Gegenüber sein wird. So also geschehen vor ca. 3 Monaten mit Stress und Mona Petri. Stress kannte ich, Mona Petri kannte ich nicht. Eigentlich wollte ich schon umschalten, denn den Rapper Stress empfinde ich als eher grossmäulig. Unter dem Motto Wasser predigen und Wein trinken, sich stark machen gegen die Klimaerwärmung dann aber trotzdem überall hinfliegen und ein riesen Auto fahren. Vielleicht tue ich ihm ja unrecht, aber dies ist eben mein subjektives Empfinden.
Mona Petri kannte ich nicht. Sie ist Schauspielerin, anscheinend ziemlich bekannt und hat schon in einigen Tatorten und auch in einigen Schweizer Kinofilmen mitgespielt. Was mich wirklich beindruckte war, dass sie neben ihrem Schauspieljob in einem Altenheim als Altenpflegerin Teilzeit arbeitet. Das erklärt mir auch ihre für mich sehr angenehme Art sich mit dem Rapper Stress zu unterhalten. Mir kam sie geerdet herüber was mich dazu bewog die Sendung bis zum Ende zu hören.
Eine Geschichte die sie erzählte geht mir bis heute nicht aus dem Kopf. Sie erzählte, dass sie einem Altenheimbewohner beim Aufstehen helfen durfte um ihn danach zu Waschen und einzucremen. Beim Waschen sah sie am Unterarm eine wackelig eintätowierte Nummer und erkannte diese sofort als Tattoo vom Konzentrationslager. Da der Patient sowieso gemerkt hatte, dass sie stockte fragte sie ihn: «Ist es das was ich denke was es ist?» Er sagte «ja». Er erzählte ihr dann aus seinem Leben und am Schluss sagt er:
«Ist es nicht verrückt? Ich gehöre zu den letzten die noch leben, wir sind noch ganz wenige die da waren und sie warten nicht mal bis wir alle weg sind bis sie wieder anfangen überall Grenzen, Stacheldrähte und Mauern zu bauen, die Leute zu nummerieren und Nationalstaaten zu errichten in Europa»
Diesen Satz bewog mich zum schreiben dieses Blogbeitrages. Das Thema der Abschottung ist ja gerade wieder brandaktuell nach der Wahl des amerikanischen Präsidenten. Das Bauen von Stacheldrähten und Mauern hat ja mit der Angst zu tun. Angst vor dem Fremden, Angst vor dem Verlust, Angst die nicht definierbar ist. Woher kommen diese Ängste? Haben wir auch selber Angst?
Fakt ist das wir eigentlich in einer sehr sicheren Zeit leben. Es gibt keine grösseren Seuchen, HIV ist behandelbar und Krebs nicht mehr unbedingt ein Todesurteil. Kriege in der westlichen Welt haben wir zum Glück schon lange nicht mehr erlebt, wir können uns frei und in einem grossen Teil der Welt sicher bewegen.
Trotzdem fühlen wir uns unsicher, wir fangen an zu Mauern. Bauen unsicheren Menschen eine Mauer? Fühlen wir uns wirklich sicherer mit einer Mauer? Ist es nicht eher so, dass wenn wir uns einmauern wir immer unsicherer und demzufolge noch ängstlicher werden?
Es muss jeder für sich entscheiden wie viel Mauer für einem persönlich genug ist.