Ich wollte schon lange mal Berlin besuchen habe es aber aus irgendwelchen Gründen bis zum letzten Wochenende nicht geschafft. Endlich war es soweit und ich stand in Berlin. Um es vorweg zu nehmen: Es war das perfekte Wochenende um diese Stadt zu besuchen. Von Freitag bis Montag einfach traumhaftes Sightseeing Wetter! Nicht zu heiss, nicht zu kalt, einfach perfekt.
Als erstes hatte ich mich entschieden eine Fahrrad Tour zu machen. In der Kulturbrauerei haben sich zahlreiche Kleinbetriebe angesiedelt. Vom Möbelladen, Restaurant bis zum besagten Fahrrad-Verlei-und-Tourenanbieter findet man auf diesem alten Fabrikgelände allerlei Geschäfte.
Ich hatte eine Tour zurück in die Vergangenheit Berlins gewählt, die Mauertour. Diese führte zuerst in das Stadtviertel Prenzlauer Berg. Der Tourguide zeigte uns die Kirche wo sich der Wiederstand in der DDR vor dem Mauerfall formierte. In der Gethsemanekirche versammelte sich die Opposition und es wurden dort auch allerlei Veranstaltungen durchgeführt.
Auch wurde erklärt, dass dazumal die Wohnhäuser im Prenzlauer Berg alle sehr alt waren und darum fast keinen Komfort boten. Das Bad war meistens auf dem Gang und geheizt wurde mit Kohle. Alle regimekritischen Personen bekamen darum so eine Altbauwohnung während die linientreuen eine „moderne“ Plattenbauwohnung beziehen durften. Darum auch die Ansammlung der Oppositionellen hier. Die Kultur des miteinander wurde hier besonders gelebt. Da man kein Telefon hatte waren zu dieser Zeit „Spontanbesuche“ gross in Mode. Man ging vorbei, klopfte an und schaute ob jemand auf machte. Entweder hatte der besuchte gerade Zeit oder man ging ein anderes Mal vorbei. Wenn niemand zuhause war hing so ein Plastikbrett mit einer Papierrolle und einem Bleistift neben der Tür. Dort schrieb man so Sätze drauf wie „ich war hier, vielleicht kommst du mal vorbei“ etc. Es kam dann durchaus vor, dass der andere vorbei kam aber man selber nicht zuhause war und dieser auch wieder eine Notiz bei einem hinterliess. Man merke: Die erste Form von E-Mail wurde anscheinend in der DDR erfunden 🙂
Heute sind die Altbauwohnungen natürlich sehr begehrt, da diese in der Zwischenzeit modernisiert wurden. Alles sieht sehr schön und wohnlich aus. Die schön gestrichenen Fassaden vermitteln ein freundliches Bild im jeweiligen Stadtteil. Das Foto wurde in Kreuzberg aufgenommen, ist aber Sinnbildlich für den Prenzlauer Berg.
Wie es früher aussah zeigte der Tourguide in einem Hinterhof. Das klassische DDR grau und die typische Musterung sind noch klar erkennbar. So sah ganz Ost Berlin früher aus.
Danach sind wir in den Mauerpark gefahren wo noch ein Stück der Originalmauer steht.
Der Tourguide voll in Action, erklärte wie die Familien durch die Abriegelung von Ost Berlin getrennt wurden und hatte natürlich auch eine Geschichte aus dem persönlichen Umfeld mit dabei.
Dann zur Gedenkstätte der Berliner Mauer gefahren wo man die Ost und Westmauer betrachten konnte. In der Mitte, zwischen den Mauern war die sognannte Todeszone. Hier wurde man sofort erschossen falls man diese betreten würde. Allerdings entwickelten sich in dieser die Kaninchen prächtig. Dies sehr zum Ärger der Grenzwächter, da die Viecher immer wieder die Alarmzäune auslösten. Nach dem Mauerfall hatte der Osten dann eine echte Kaninchenplage.
Dann sind wir zur Gedenkstätte des ersten erschossenen Menschen der Berliner Mauer. Günter Litfin wurde als erster am 24.08.1961 erschossen als er versuchte einen Nebenarm der Spree schwimmend zu überqueren. Seine Nachfahren erhalten diesen Wachturm als Gedenkstätte für den Ersterschossenen der Berliner Mauer.
Wieder zurück in der Kulturbrauerei erst mal den Durst mit einem typischen Berliner Getränk gelöscht. Berliner Weisse mit Schuss. Ist Bier mit einem Sirup drin und schmeckt noch speziell.
Gut gestärkt danach Richtung Alexander Platz geradelt um Weltzeit Uhr, Fernsehturm und Neptunbrunnen zu bestaunen.
DDR Architektur vom feinsten
Auch darf die berühmte Berliner Currywurst nicht fehlen, wobei ich ein Amerikanisches Modell mit Heinz Ketschup erwischt habe. Darum hielt sich meine Begeisterung in Grenzen.
Leider wurde die Marheineke Markthalle in Kreuzberg erst später entdeckt, sonst hätte ich dort etwas gegessen. Hier ist es gefährlich mit Hunger einkaufen zu gehen, es sieht alles so verdammt lecker aus.
Da Kreuzberg in der Nähe vom stillgelegten Flughafen Tempelhof liegt lohnte sich der Abstecher dort hin. Die stillgelegten Startbahnen dienen heute zu allerlei Freizeitaktivitäten. Da ich schon wieder durstig war erst mal Pause im nächsten Biergarten.
Zurück in Kreuzberg hat in der Zwischenzeit ein Flohmarkt eröffnet. So alte Sachen finde ich immer spannend, gerade in so einer Geschichtsträchtigen Stadt.
Ich wollte schon fast wieder gehen als ich ein paar Strassenmusiker entdeckte die gerade mit aufbauen fertig waren. Als die Band die ersten 2 Akkorde spielten traute ich meinen Ohren nicht. Wooow waren die gut! Mitten in Kreuzberg durfte man ein Funk Konzert vom Feinsten miterleben. Gratis!
Rupert’s Kitchen Orchestra mein Geheimtipp in Berlin. Hier eine kleine Kostprobe eines kurzen Ausschnitts den ich gefilmt habe. Die spielten fast unterbruchsfrei in diesem Tempo sicherlich 40 Minuten durch, einfach voll cool die Band. Schade habe ich keine Wohnung in Berlin, die hätte ich sofort gebucht. Siehe 33 Berliner Wohnzimmer.
Eine typische Berlin Szene. Mitten in der Stadt sitzen auf einer Brücke ein paar Leute am Boden, im Hintergrund spielt jemand auf der Gitarre und alle geniessen die Sonne.
Diese schöne alte Brücke führt über die Spree, den Fluss in Berlin. Auch hier gibt es noch ein Stück alte Mauer, allerdings bin ich mir nicht sicher ob diese nachträglich hier hin gestellt wurde.
Zurück im Stadtzentrum ist man dann auf den Berlin Marathon aufgelaufen, am Samstag waren die Rollerblader unterwegs. Mir war bei der Auswahl des Reisedatums nicht bewusst, dass genau an diesem Wochenende dieser Marathon mit 40‘000 Teilnehmern stattfindet. Bei der Hinreise hatte ich mir Sorgen darüber gemacht, ob man sich in der Stadt überhaupt noch irgendwie bewegen kann da viele Strassen gesperrt sind. Allerdings stellte sich nun heraus, dass dies sogar ein Vorteil war. Es wurde vielfach die ganze Strasse gesperrt und nur auf einer Seite befand sich der Parcours. So konnte man auf der anderen Strassenseite wunderbar mit dem Fahrrad über 3 Spuren hinweg radeln.
Am Abend dann zum Sundowner auf dem Parkdeck. Man hat hier das oberste Parkdeck bei einem Einkaufszentrum umgenutzt in eine Art Urban-Garten-Kulturbetrieb mit Restaurant und Bar ala Gerolds Garten in Zürich. Alles sehr bunt, friedlich und nebenbei mit fantastischer Aussicht auf Berlin.
Der Sundowner liess dann nicht lange auf sich warten. Untermalt mit den Klängen einer alternative Band bei einem guten Glas Wein und fröhlichen Leuten haben wir diesen schönen Moment geniessen können.
Danach in den Abend und das Nachtleben eingetaucht, natürlich nach Kreuzberg!
Am nächsten Tag wollten wir dann dem Marathon aus dem Wege gehen und sind deshalb zum Teglersee geradelt. Beim Schloss Charlottenburg dann den ersten Rast im Schlosspark Biergarten eingelegt.
Am Teglersee angekommen dachte ich mir wieder wie Fasettenreich diese Stadt doch ist. Hier gibt es sogar einen Sandstrand.
Beim zurückradeln sind wir dann bei der Siegessäule vorbei gefahren und durch den Grossen Tiergarten um uns nachher am Kudamm, der Bahnhofstrasse Berlins ein wenig umzusehen.
Danach noch zum Brandenburger Tor gefahren das wie zu erwarten immer noch von Biertrinkenden Marathonläufern belagert war.
Im Regierungsviertel hatte der Marathon Müll auch seine Spuren hinterlassen. Hier wurden anscheinend die Startblöcke gesammelt.
Am nächsten Tag bin ich dann nochmals zum Brandenburger Tor und zum Checkpoint Charly geradelt. Ich wollte noch ein Foto ohne Marathon Müll machen. Die Touristen hatten die Marathonläufer wieder abgelöst.
Der Checkpoint Charly erinnerte mich dann eher an Disney Land. Neben den GI Statisten gab es noch haufenweise Souvenir Läden die von der Russenmütze bis zu Bruchstücken der Berliner Mauer alles verkauften.
Dies waren nur einige Erlebnisse und Orte die ich in den 4 Tagen erlebt und gesehen habe. Berlin ist wirklich eine voll coole Stadt. So bunt, abwechslungsreich, friedlich, dynamisch und sympathisch. Generell habe ich die Berliner als freundlich, hilfsbereit und stressfrei erlebt. Trotz der riesengrossen Stadt hatte ich nicht das Gefühl von Hektik. Keiner drängelte, keiner schimpfte.